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Altersvorsorge 2020: Arbeitgeberverband und economiesuisse lehnen Gesamtpaket ab

Dienstag, 25.03.2014

SAV-Direktor Roland A. Müller

Der Reformvorschlag zur Altersvorsorge ist komplett überladen, zu teuer und weder für den einzelnen Bürger noch für die Wirtschaft tragbar, sagen Arbeitgeberverband und economiesuisse. Sie fordern klare Prioritäten und verdaubare Reform-Portionen.

«Die Wirtschaft unterstützt die bundesrätliche Gesamtschau der ersten und der zweiten Säule», propagierte der Schweizerische Arbeitgeberverband SAV vor Medienvertretern. Zur Wirtschaft zählt er sich selbst und economiesuisse sowie alle wichtigen Branchenverbände, zahlreiche Handels- und Industrievereine und diverse bedeutende Unternehmen. «Dezidiert und geschlossen Nein» sage die Wirtschaft aber zum Gesamtpaket des Bundesrats, betonte Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Das Reformpaket sei komplett überladen, zu teuer und weder für den einzelnen Bürger noch für die Wirtschaft tragbar, gab er sich überzeugt.

Weshalb dem so sei, rechnete SAV-Direktor Roland A. Müller an einem fiktiven Beispiel vor: Ein Rentner-Ehepaar mit monatlich 4700 Franken Rente müsse einen Einkommensverlust von über 200 Franken einstecken, würde das Massnahmenpaket vollständig umgesetzt. Der Bundesrat riskiere damit, dass die Vorlage spätestens in der Volksabstimmung scheitere, wenn sie nicht schon im Parlament auf der Strecke bliebe, so Müller. Dieses Risiko sei die Wirtschaft nicht bereit einzugehen.

Mindestumwandlungssatz muss gesenkt werden

In der AHV müssten in den nächsten Jahren angesichts der demografischen Entwicklung Mehreinnahmen und Einsparungen in Milliardenhöhe erzielt werden, erklärte Müller. In der beruflichen Vorsorge seien die Renten mit dem aktuellen Mindestumwandlungssatz aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und sinkender Renditen künftig nicht mehr finanzierbar. Der SAV schlägt daher die Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6.0% vor. Diese Senkung soll aber mit "verhältnismässigen" Kompensationsmassnahmen wie höheren Altersgutschriften oder der Beitragspflicht ab Alter 21 einhergehen.

Heinz Karrer, Präsident von economiesuisse, unterstützte dieses Votum; aufgrund der absehbar schwierigen finanziellen Entwicklung sei es unabdingbar, dass gehandelt werde. Die Wirtschaft nehme ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahr und wolle einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der wichtigsten Sozialwerke des Landes leisten. Darauf ging er nicht im Einzelnen ein.

Rentenalter und Mehrwertsteuer sollen erhöht werden

Der SAV fordert die Priorisierung gewisser Kernvorlagen, etwa die Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 65 Jahre für beide Geschlechter mit einer Flexibilisierung des Rentenbezugs zwischen 62 und 70 Jahren, die Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal 0.6% zugunsten der AHV, wobei diese Erhöhung mit derjenigen des Referenz-Rentenalters einhergehen müsse, sowie besagte Senkung des Mindestumwandlungssatzes im Obligatorium der beruflichen Vorsorge. Damit könne das heutige Rentenniveau für die nächsten zehn Jahre garantiert werden, zeigte sich Müller überzeugt.

Rentenalter soll auf 67 Jahre erhöht werden

Der SAV propagierte zudem eine weitere Erhöhung des Referenz-Rentenalters auf über 65 Jahre hinaus. Dies solle aber erst dann erfolgen, wenn der Arbeitsmarkt die entsprechenden Arbeitskräfte aufnehmen könne, so Müller. Die Rede ist von einer schrittweisen Erhöhung des Referenz-Rentenalters um maximal 24 Monate - also vom Rentenalter mit 67 Jahren.

Stabilisierungsmechanismus soll AHV schützen

Wichtig ist dem SAV auch ein Stabilisierungsmechanismus für die AHV, der im Falle einer drohenden finanziellen Schieflage des Sozialwerkes rechtzeitig Massnahmen vorsieht. Die Wirtschaft schlägt hier die schrittweise Erhöhung des Referenz-Rentenalters auf 67 Jahre und daran gekoppelt weitere 0,4 Mehrwertsteuer-Prozente als Zusatzeinnahmen vor, sagte Müller. Damit würden sämtliche Bevölkerungsschichten und die Wirtschaft einen angemessenen Beitrag leisten.

Reformschritte auf der Leistungsseite sind unvermeidbar

Nicht sämtliche Probleme in der Altersvorsorge könnten jedoch „auf Vorrat“ gelöst werden, betonte Müller. Abhängig vom Handlungsbedarf müssten ab 2020 vielmehr zusätzliche Reformschritte eingeleitet werden. «Weitergehende leistungsseitige Massnahmen sind längerfristig unvermeidbar. Das Thema Rentenalter-Erhöhung darf deshalb kein Tabu sein», erklärte Heinz Karrer mit Verweis auf die heute deutlich höhere Restlebenserwartung der Rentner als noch bei der Einführung der AHV 1948.

Erste Reformen sollen 2018 in Kraft treten

Gemäss SAV sollen sowohl die Stabilisierungsregel als auch die Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 65 Jahre noch in diesem Jahr dem Parlament unterbreitet werden, damit sie 2018 in Kraft treten können.

Der Ball liege nun aber beim Bundesrat: Er habe das Resultat der Vernehmlassung ernst zu nehmen und das Gesamtpaket so umzubauen, dass die sinnvolle Gesamtschau eine echte Chance für tragfähige Lösungen biete, forderte Valentin Vogt. Tue er dies nicht, werde sich die Wirtschaft auf die Realisierung einzelner unumgänglicher Schritte konzentrieren, mahnte Vogt.

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