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Das sind 2021 die wichtigsten Änderungen in den Schweizer Sozialversicherungen

Donnerstag, 17.12.2020

Die schweizerische Sozialversicherung wird 2021 um neue Leistungen erweitert. Es treten zudem wichtige Anpassungen in Kraft. Mélanie Sauvain gibt in «Soziale Sicherheit CHSS» einen Überblick über die anstehenden Änderungen per 1. Januar 2021.

1. Säule

Erhöhung der Renten der 1. Säule und der EL: Die AHV/IV-Renten werden 2021 erhöht: Die Minimalrente steigt von 1’185 auf 1’195 Franken pro Monat, die Maximalrente von 2’370 auf 2’390 Franken (bei vollständiger Beitragsdauer).

Bei den Ergänzungsleistungen wird der Betrag für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs von 19’450 auf 19’610 Franken pro Jahr für Alleinstehende und von 29’175 auf 29’415 Franken für Ehepaare angehoben. Für Kinder ab elf Jahren beläuft er sich neu auf 10’260 Franken. Für jüngere Kinder wird er infolge der EL-Reform auf 7’200 Franken abgesenkt.

Erhöhung der AHV/IV/EO-Beiträge: Die AHV/IV/EO-Beiträge steigen von 10.55% auf 10.6%. Ausserdem wird der Mindestbeitrag für Selbstständigerwerbende und Nichterwerbstätige angepasst und von 496 auf 503 Franken pro Jahr angehoben.

2. Säule – Berufliche Vorsorge

Anpassung der Grenzbeträge: In der beruflichen Vorsorge beläuft sich der Mindestjahreslohn (d. h. die Eintrittsschwelle zur 2. Säule) ab dem 1. Januar 2021 auf 21’510 Franken pro Jahr. Die obere Limite des Jahreslohnes liegt bei 86’040 Franken. Der minimale koordinierte Lohn steigt auf 3’585 Franken und der Koordinationsabzug auf 25’095 Franken pro Jahr.

3. Säule – Private Vorsorge

Für die dritte Säule beträgt der maximale Steuerabzug für Arbeitnehmende künftig 6’883 Franken, für Selbstständigerwerbende 34’416 Franken pro Jahr.

Mindestzinssatz

Der Mindestzinssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge (BVG) bleibt 2021 unverändert bei 1%. Der Mindestzinssatz betrifft nur die Guthaben der obligatorischen 2. Säule. Ansonsten steht es den Vorsorgeeinrichtungen frei, eine andere Verzinsung festzulegen. Der seit 2017 geltende Satz von 1% ist der tiefste in der Geschichte der beruflichen Vorsorge der Schweiz.

Umsetzung internationaler Sozialversicherungsabkommen

Die Revision des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts tritt auf den 1. Januar 2021 in Kraft. Sie legt Bestimmungen zum elektronischen Datenaustausch im internationalen Kontext fest. Der grenzübergreifende Austausch von Sozialversicherungsdaten erfolgt über das von der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellte Electronic Exchange of Social Security Information (EESSI). Die Schweiz ist wie alle anderen mitwirkenden Staaten verpflichtet, dafür innerstaatlich die nötige digitale Infrastruktur aufzubauen.

Überbrückungsleistungen

Wer nach vollendetem 60. Altersjahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert wird, hat bis zum Bezug der Altersrente Anspruch auf eine Überbrückungsleistung. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, unter anderem eine Mindestversicherungsdauer in der AHV von 20 Jahren, wovon fünf Jahre nach vollendetem 50. Altersjahr. Ausserdem muss das Vermögen der betreffenden Person unter 50’000 Franken liegen (100’000 Franken bei Ehepaaren). Das neue Gesetz wurde am 19. Juni 2020 vom Parlament verabschiedet. Die Verordnung mit den Einzelheiten zur Umsetzung ist noch bis zum 11. Februar 2021 in der Vernehmlassung. Da das Referendum gegen das neue Gesetz nicht zustande gekommen ist, ist sein Inkrafttreten ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres vorgesehen.

Die Überbrückungsleistung bemisst sich ebenso wie die Ergänzungsleistungen (EL) nach den anerkannten Ausgaben und den Einnahmen der Bezügerin bzw. des Bezügers. Der Betrag ist jedoch auf das 2,25-fache des Betrags für den allgemeinen Lebensbedarf bei den EL beschränkt, d. h. auf 43’762 Franken pro Jahr für Alleinstehende und 65’644 Franken für Ehepaare (berechnet nach dem allgemeinen Lebensbedarf für 2020).

Arbeitslosenversicherung

Auch eine Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes soll 2021 in Kraft gesetzt werden. Dabei werden insbesondere Massnahmen zur Erleichterung der Kurzarbeit eingeführt. So sind Kurzarbeitende beispielsweise nicht mehr verpflichtet, während Kurzarbeit- oder Schlechtwetterperioden eine Zwischenbeschäftigung zu suchen oder anzunehmen.

Reform der Altersvorsorge

Nach dem Scheitern der Altersvorsorge 2020 im Jahr 2017 hat sich der Bundesrat entschieden, die 1. und die 2. Säule getrennt voneinander zu reformieren. Die Reform zur Stabilisierung der AHV (AHV 21) wurde Ende August 2019 ans Parlament überwiesen. Sie sieht vor, das Referenzalter für Frauen – begleitet von Ausgleichsmassnahmen – auf 65 Jahre anzuheben, das Rücktrittsalter zu flexibilisieren und die Mehrwertsteuer zur Finanzierung der AHV zu erhöhen. Der Bundesrat wird die Botschaft zur Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) voraussichtlich Ende 2020 verabschieden und die geplanten Massnahmen bekanntgeben.

Reform der Ergänzungsleistungen

Die vom Parlament im März 2019 verabschiedete Reform der Ergänzungsleistungen (EL) tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen betreffen die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Berechnung und die Höhe der Leistungen.

Neue Mietzinsmaxima: Die Wohnkosten werden bei der EL-Berechnung bis zu einer bestimmten Höhe berücksichtigt. Diese Obergrenze wird angehoben, um den tatsächlichen Kosten besser gerecht zu werden. Sie hängt von der Grösse des Haushalts und der Wohnregion ab. Für eine alleinstehende Person, die in einem Grosszentrum wohnt, steigt das anrechenbare Mietzinsmaximum beispielsweise von 1100 auf 1370 Franken pro Monat. Für eine vierköpfige Familie auf dem Land liegt die Obergrenze der rückerstattungsfähigen Kosten neu bei 1740 statt bei 1250 Franken.

Bessere Berücksichtigung des Vermögens: Bei der Bestimmung des EL-Anspruchs wird künftig auch das Vermögen berücksichtigt. Nur Personen mit einem Vermögen von unter 100’000 Franken (200’000 für Ehepaare) haben Anspruch auf die Leistungen. Selbstbewohntes Wohneigentum ist von dieser Grenze nicht betroffen.

Bei der Berechnung des EL-Betrags wird ein Teil des Vermögens – der Freibetrag – nicht berücksichtigt. Die Höhe dieses Freibetrags wird für Alleinstehende von 37’500 Franken auf 30’000 Franken und für Ehepaare von 60’000 auf 50’000 Franken gesenkt. Der Freibetrag für Kinder bleibt unverändert bei 15’000 Franken. Die tieferen Freibeträge führen dazu, dass bei einem Vermögen von über 30’000 Franken das für die EL-Berechnung massgebende Einkommen steigt.

Zudem wird der Begriff des Vermögensverzichts ausgeweitet. Bisher wurden bei der EL-Berechnung Vermögenswerte berücksichtigt, auf die eine Person freiwillig verzichtet hat, beispielsweise Schenkungen. Ab dem 1. Januar 2021 wird auch ein übermässiger Vermögensverbrauch einbezogen, so wenn die Person innerhalb eines Jahres ohne triftige Gründe mehr als 10% ihres Vermögens ausgibt.

Neue Beträge für Kinder: Bei der Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs von Kindern werden zwei Änderungen vorgenommen: Der für Kinder unter elf Jahren gewährte Betrag wird gesenkt und beläuft sich künftig auf 7’200 Franken pro Jahr (für das erste Kind, anschliessend degressiv). Im Gegenzug werden die Kosten für die familienergänzende Betreuung von Kindern, die jünger als elf Jahre alt sind, im Rahmen der EL-Berechnung als Ausgaben angerechnet, sofern beide Elternteile arbeiten. Bei Kindern ab elf Jahren liegt der Betrag zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs bei 10’260 Franken.

Rückerstattungspflicht: Ab Januar gilt eine neue Bestimmung zur Rückerstattung von EL aus dem Nachlass. Die Ergänzungsleistungen, die eine Person in den zehn Jahren vor ihrem Tod bezogen hat, müssen von den Erbinnen und Erben zurückbezahlt werden, wenn sich der Nachlass auf über 40’000 Franken beläuft. Die Rückerstattungspflicht gilt nur für den Anteil des Erbes, der 40’000 Franken übersteigt. Beträgt der Nachlass weniger als 40’000 Franken, besteht keine Rückerstattungspflicht. Diese Bestimmung betrifft nur EL, die nach dem 1. Januar 2021 bezogen werden.

Weitere Anpassungen: Mehrere Änderungen betreffen die Berechnung des Betrags. Das Erwerbseinkommen der Ehefrau oder des Ehemannes (ohne EL) wird zu 80% angerechnet, gegenüber den bisherigen zwei Dritteln. Bei der als Ausgabe anerkannten Krankenkassenprämie ist künftig der tatsächliche Betrag massgebend, wobei aber höchstens die kantonale oder regionale Durchschnittsprämie berücksichtigt wird.

Übergangsfrist von drei Jahren: Für alle, die bereits vor dem Inkrafttreten der Reform EL bezogen haben, gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren. Wer nach dem neuen Recht höhere Leistungen erhält, kann es umgehend in Anspruch nehmen; bewirken die Änderungen hingegen eine Senkung der Leistung oder gar ein Erlöschen des EL-Anspruchs, gelangen die neuen Bestimmungen erst nach drei Jahren zur Anwendung. Damit haben die Betroffenen Zeit, sich auf die neue wirtschaftliche Situation vorzubereiten.

EO – Vaterschaftsurlaub

Männer, deren Kind ab dem 1. Januar 2021 geboren wird, haben Anspruch auf einen zehntägigen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Sie können diesen Urlaub für zwei Wochen am Stück oder als Einzeltage innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt des Kindes beziehen. Nach Bezug dieser zehn Urlaubstage hat der Vater Anspruch auf 14 Taggelder, die über die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert werden.

Um Anrecht auf den bezahlten Urlaub zu haben, müssen die Väter bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen zum Zeitpunkt der Geburt erwerbstätig sein, in den letzten neun Monaten vor der Geburt bei der AHV versichert gewesen sein und in dieser Zeit während mindestens fünf Monaten eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Die Entschädigung wird entweder direkt dem Arbeitnehmer ausbezahlt oder dem Arbeitgeber überwiesen, wenn ihm dieser während des Urlaubs den Lohn weiterbezahlt.

Wie bei der Mutterschaftsentschädigung, beträgt die Vaterschaftsentschädigung 80% des durchschnittlichen Bruttoeinkommens vor der Geburt, höchstens jedoch 196 Franken pro Tag.

Zur Finanzierung des Vaterschaftsurlaubs wird der EO-Beitragssatz ab dem 1. Januar 2021 von 0.45% auf 0.5% angehoben. Für angestellte Väter übernimmt der Arbeitgeber die Hälfte dieser Erhöhung.

Unterstützung für betreuende und pflegende Angehörige

Das neue Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung tritt schrittweise in Kraft: der erste Teil auf den 1. Januar, der zweite auf den 1. Juli 2021. Pflegende Angehörige, die erwerbstätig sind, können kurzzeitig der Arbeit fernbleiben, ihren Beschäftigungsgrad reduzieren oder Urlaub beziehen. Mit diesem Gesetz werden für alle Erwerbstätigen die gleichen Voraussetzungen geschaffen.

Lohnfortzahlung bei kurzzeitigen Arbeitsabwesenheiten: Die rechtlichen Bestimmungen betreffend kurzzeitige Arbeitsabwesenheiten zur Betreuung kranker oder verunfallter Angehöriger werden ab dem Januar 2021 präzisiert und erweitert. Neu gelten nicht mehr nur Kinder, Ehepartnerinnen bzw. Ehepartner und eingetragene Partnerinnen bzw. Partner als Angehörige, sondern auch Konkubinatspartnerinnen und -partner, Eltern, Schwiegereltern und Geschwister. Wer der Arbeit fernbleibt, um sich um solche Angehörigen zu kümmern, hat während höchstens drei Tagen pro Fall und höchstens zehn Tagen pro Jahr Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Ausweitung der Betreuungsgutschriften: Der Anspruch auf AHV-Betreuungsgutschriften wird auf pflegende Angehörige ausgeweitet, die sich um eine Person mit einer Hilflosenentschädigung leichten Grades kümmern. Früher war dazu eine Hilflosigkeit mittleren oder schweren Grades notwendig. Auch die Betreuung einer Konkubinatspartnerin oder eines Konkubinatspartners – bei gemeinsamem Haushalt während mindestens fünf Jahren – wird künftig anerkannt sowie die Betreuung von Eltern, Schwiegereltern, Grosseltern, Kindern, Kindern der Ehepartnerin oder des Ehepartners, der Ehepartnerin bzw. des Ehepartners und von Geschwistern. Die Betreuungsgutschriften werden bei der Berechnung der AHV-Rente als fiktives Einkommen angerechnet.

Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag bei Spitalaufenthalten: Mit dem neuen Gesetz werden die Hilflosenentschädigung und der Intensivpflegezuschlag der IV für Kinder bei einem Spitalaufenthalt des Kindes nicht mehr unterbrochen, sondern weiterhin ausbezahlt. Dauert der Spitalaufenthalt länger als einen Monat, erfolgt die weitere Auszahlung unter der Bedingung, dass die Anwesenheit der Eltern im Spital weiterhin erforderlich ist. Die Heimaufenthalte fallen nicht unter diese Regelung, weil die Kinder dort vollständig von Dritten betreut werden.

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