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Die Erwerbstätigkeit im Rentenalter soll gefördert werden

Freitag, 21.06.2019

Personen im Rentenalter sollen auch über die Pensionierung hinaus erwerbstätig bleiben. Ständerat Peter Hegglin hat ein entsprechendes Postulat eingereicht, das der Bundesrat zur Ablehnung empfahl. Der Ständerat hat es nun aber angenommen.

CVP-Ständerat Peter Hegglin hat den Bundesrat anhand seines Postulates im März 2019 gebeten, in einem Bericht Lösungsvarianten zu AHV, BVG und den Steuern vorzuschlagen. Dies unter Berücksichtigung der Aspekte Freibetrag und Auffüllen von Beitragslücken, ebenso wie einer attraktiveren Gestaltung des Rentenaufschubs in der AHV und in der beruflichen Vorsorge. Ziel von Hegglin ist es Anreize zu schaffen, um die Erwerbstätigkeit nach dem Regelrentenalter zu fördern.

Auf dem Arbeitsmarkt wird eine Beschäftigtenlücke entstehen

Hegglin begründete, mit der Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge werde in den kommenden Jahren auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigtenlücke entstehen. Zur Förderung einer teilweisen oder vollen Erwerbstätigkeit sollten für ältere Arbeitnehmende Anreize geschaffen werden, damit diese für eine gewisse Zeit weiter erwerbstätig blieben.

Es ist steuerlich häufig nicht interessant, weitere Einkommen zu generieren

Heute profitieren Rentenbezüger bei Erwerbstätigkeit im AHV-Alter von einem Freibetrag in der AHV von jährlich 16’800 Franken. Lohnbezüge über diesen Betrag hinaus sind weiterhin AHV-pflichtig. Renten aus AHV und beruflicher Vorsorge müssen als Einkommen versteuert werden. Wegen der steuerlichen Progression ist es für den Erwerbstätigen häufig nicht interessant, weiter Einkommen zu generieren.

Hegglin gibt das Beispiel eines 65-Jährigen an, welcher aufgrund seiner AHV-Beiträge eine Maximalrente von 2’350 Franken (2018) bekomme. Wenn er den Bezug um fünf Jahre aufschiebe, dabei einen Lohn von 6000 Franken verdiene, bekomme er aufgrund des Aufschubs einen lebenslangen prozentualen Zuschlag von 31.5%, neu eine Rente von 3’090.25 Franken ab dem 70. Altersjahr. Während dem fünfjährigen Aufschub verzichte er auf 141’000 Franken AHV-Rente, zahle auf dem Einkommen rund 30’000 Franken Steuern und noch AHV-Beiträge. Für die AHV wäre der Aufschub lukrativ, sie würde 141’000 Franken Rente sparen und erhalte noch 28’290 Franken an AHV-Beiträgen.

Break-even Point wird unter aktuellen Bedingungen erst mit Alter 87 erreicht

Unter den heutigen Bedingungen erreiche das Berechnungsbeispiel erst im Alter von 87 Jahren den Break-even Point. Die heutigen Regelungen seien demzufolge für einen freiwilligen Rentenaufschub nur für die AHV attraktiv. Würden mehr Rentner vom Aufschub Gebrauch machen, könne auch der Mangel an Fachkräften entschärft werden, so Hegglins Argument.

Bundesrat soll Möglichkeiten aufzeigen, wie Weiterarbeit gefördert werden könnte

Der Bundesrat wird deshalb gebeten, in einem Bericht darzustellen, wie die Anreize zum Weiterarbeiten gefördert werden könnten. Denkbar sei etwa, dass mit den AHV-Beiträgen Beitragslücken oder fehlende Einkommen in der AHV kompensiert würden. So könne beispielsweise auf den Freibetrag verzichtet und mit den AHV-Beiträgen Lücken gefüllt oder der Aufschub der AHV-Rente mit einem höheren Freibetrag attraktiver gestaltet werden. Bei Bezug von Teilrenten in der beruflichen Vorsorge sollte es auch weiterhin möglich sein, die zweite Säule aufzubauen, fordert Hegglin.

Entlastung des Erwerbseinkommens wäre auch für den Arbeitgeber attraktiv

Eine Erhöhung des AHV-Freibetrages und somit Entlastung des Erwerbseinkommens von AHV-Beiträgen wäre nicht nur für den Rentner attraktiv, sondern auch für seinen Arbeitgeber, ist Hegglin überzeugt. Dadurch habe auch der Arbeitgeber und mithin der Schweizer Arbeitsmarkt einen Anreiz, eine ausgebildete und erfahrene Arbeitskraft zu tieferen Arbeitgeberkosten weiterbeschäftigen zu können.

Zur Steigerung der Attraktivität sollten auch im steuerlichen Bereich Möglichkeiten für Entlastungen auf den Erwerbseinkommen vorgesehen werden.

Bundesrat beantragte Ablehnung des Postulates

Der Bundesrat argumentierte in seiner Stellungnahme mit der Reformvorlage zur AHV 21, worin verschiedene Massnahmen vorgeschlagen würden, um für die Versicherten die Attraktivität der Weiterführung einer Erwerbstätigkeit bis zum 65. Lebensjahr und darüber hinaus zu verbessern.

Reformvorlage zur AHV 21 soll es richten

Dazu gehöre eine Flexibilisierung des Rentenbezugs, die die Möglichkeit böte, die ganze Rente oder auch nur einen Teil davon zu beziehen. Die Flexibilisierungsmassnahmen der AHV 21 würden zudem mit der beruflichen Vorsorge koordiniert. Die Weiterführung einer Erwerbstätigkeit werde auch mit der Beibehaltung des Freibetrages für die erwerbstätigen AHV-Rentnerinnen und -Rentner gefördert, indem diese auf Erwerbseinkommen bis zur Höhe des Freibetrages keine AHV-Beiträge bezahlen müssten. Ausserdem solle es für die Versicherten neu möglich sein, dass sie mit Weiterarbeit nach dem Rentenalter die Rente verbessern und Lücken in der Beitragszeit schliessen könnten, womit ein weiterer Anreiz zur Weiterführung der Erwerbstätigkeit über das Referenzalter hinaus geschaffen werde.

Im Hinblick auf die Botschaft zur AHV 21 werde der Bundesrat im Juni 2019 eine Diskussion führen, um das weitere Vorgehen zu den im Vorentwurf geplanten Massnahmen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vernehmlassung festzulegen. Anschliessend wolle der Bundesrat die Botschaft verabschieden. Der Bundesrat sehe daher keinen Bedarf für eine weitere Analyse. 

Privilegierte Besteuerung von erwerbstätigen Rentnern würde Rechtsgleichheit verletzen

Der Bundesrat argumentierte weiter, dass im Schweizer Steuersystem grundsätzlich alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer unterlägen. Eine privilegierte Besteuerung von erwerbstätigen Rentenbezügern wäre im Hinblick auf die im Steuerrecht massgebenden verfassungsrechtlichen Grundsätze der Rechtsgleichheit und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit problematisch. Zudem sei davon auszugehen, dass der Entscheid zu einer Erwerbstätigkeit über das Rentenalter hinaus nicht nur aus finanziellen Gründen getroffen werde.

Der Bundesrat beantragte am 15. Mai die Ablehnung des Postulates. Der Ständerat hat es am 20. Juni 2019 jedoch angenommen.

Der Link zum Postulat 19.3172.

Siehe dazu auch die Interpellation 19.3407 von Pirmin Bischof (CVP).

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