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Die europäischen Bankenaufseher üben Druck auf die Banken aus

Mittwoch, 07.02.2018

Das europäische Bankensystem weist Problemkredite in Höhe von rund 760 Milliarden Euro auf. Die europäische Bankenaufsicht fordert nun eine Reduktion des Bestands. Auch setzt sie eine Frist für Banken-Lizenzanträge im Euroraum in Folge des Brexits.

Die Konjunktur im Euroraum entwickelt sich gut; die Lage präsentiert sich so gut wie seit 10 Jahren nicht mehr. 2007 lag das Wachstum sowohl im Euroraum als auch in der gesamten EU bei 3.0%, ab 2008 verringerte es sich dramatisch. Für 2018 rechnet die EU-Kommission nun in den 19 Ländern des Euroraums mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2.3%. Im Herbst war sie noch von 2.1% ausgegangen. Für das abgelaufene Jahr 2017 rechnet die Kommission mit einem Wachstum von 2.4% (Herbstprognose: 2.2%). 2019 soll das Wachstum in der Eurozone bei 2.0%, in den 27 EU-Staaten ohne Grossbritannien bei 2.1% liegen.

Banken sollen Profitabilität erhöhen und die Bilanzen bereinigen

Der Wirtschaftliche Aufschwung und die verbesserte Technologie gibt den europäischen Banken die Gelegenheit, die Erträge zu erhöhen und die Kosten zu senken, sagte Daniéle Nouy, Vorsitzende der unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelten Bankenaufsicht anlässlich des jährlichen Mediengesprächs. Auch sei das Bankenregelwerk «Basel III» nun finalisiert worden und das europäische Aufsichtsregime inzwischen stabil. Beides würde den Banken das Leben künftig einfacher machen. Die Französin drängt darauf, dass die Geldhäuser nun ihre Profitabilität erhöhen und die Bilanzen möglichst rasch von faulen Krediten bereinigen sollten.

Das Volumen der faulen Kredite, welches Banken im Euroraum Ende des dritten Quartals 2017 auswiesen, betrug 760 Milliarden Euro. Ein Viertel davon stammt von italienischen Geldinstituten. In Griechenland ist offenbar fast die Hälfte aller Kredite notleidend, in Portugal, Irland und Slowenien zwischen 12% und 18%, wie Medien berichten. Zahlreiche dieser Darlehen wurden aufgrund der jahrelangen Wirtschaftsflaute, vor allem in den südeuropäischen Staaten, zum Problem. Der riesige Berg fauler Kredite behindert laut Sabine Lautenschläger, der stellvertretenden Leiterin der Bankenaufsicht, die Gesundung des europäischen Finanzsektors.

Neue Regeln für den Umgang mit faulen Krediten könnten ab April in Kraft treten

Die Bankenaufseher wollen im März 2018 neue Richtlinien zum Umgang mit neu entdeckten faulen Krediten veröffentlichen. Der Zeitpunkt, ab dem die neuen Regeln gelten sollen, soll indes auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Laut Nouy ist aber denkbar, dass sie bereits ab April 2018 in Kraft treten. Die Regeln sollen nicht allgemeinverbindlich sein, sondern als Ausgangspunkt der Gespräche mit den Banken dienen.

Die Aufseher kommen den Banken damit entgegen. Die EZB wollte ursprünglich durchsetzen, dass Banken bereits ab Januar alle Darlehen, die neu als ausfallgefährdet eingestuft werden, schrittweise und am Ende vollständig über Rückstellungen abdecken müssen. Damit soll verhindert werden, dass Banken im Euroraum erneut einen Berg fauler Kredite auftürmen. Kritisiert wurden diese Pläne insbesondere in Italien.

Banklizenzen für den Euroraum müssen rasch beantragt werden

Weiter müssen Banken, die ihren Sitz aufgrund des Brexits von Grossbritannien weg hin in die Eurozone verlagern möchten, um dort aktiv zu sein, ihren Antrag auf eine Banklizenz spätestens bis Ende des zweiten Quartals 2017 stellen, ergänzte Lautenschläger. Die Zeit dränge, weil unklar sei, ob es eine Übergangszeit geben werde, in der in London ansässige Banken wie bisher in der EU agieren könnten. Laut Lautenschläger gibt es derzeit mit mehr als 50 Kreditinstituten intensive Gespräche; acht Banken haben demnach formell eine Lizenz bei der EZB beantragt und vier weitere Institute wollen ihre Aktivitäten im Euroraum signifikant ausweiten. Der Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union ist für Ende März 2019 avisiert.

Über die Europäische Bankenaufsicht

Die EZB ist seit Herbst 2014 auch für die Überwachung der grössten Banken im Euroraum zuständig. Inzwischen kontrolliert sie 119 Institute – darunter die Deutsche Bank und die Commerzbank in Deutschland.

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