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Die langfristigen Hypothekarzinsen könnten noch weiter sinken

Mittwoch, 07.08.2019

Die kurzfristigen Hypothekarzinsen dürften aufgrund des Margenschwunds bei den Banken bald ihren Boden erreicht haben. Langfristige Hypothekarzinsen weisen zumindest kurzfristig weiteres Senkungspotential auf.

Aufgrund der schwächelnden Weltwirtschaft hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen im Juli 2019 um 0.25% gesenkt. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte im September mit einer Zinssenkung folgen. Die Entwicklungen am Markt liessen im Juli auch die Swap-Sätze und somit die Hypothekarsätze weiter sinken. Der durchschnittliche Richtsatz für zehnjährige Festhypotheken liegt auf einem Rekordtief von 1.13%. «Auffällig ist, dass kaum noch ein Aufpreis für lange gegenüber kurzen Laufzeiten in Kauf genommen werden muss. So liegen die Preisdifferenzen zwischen 2- und 15-jährigen Festhypotheken aktuell vielfach unter 0.50%», wie der Hypothekenvermittler MoneyPark in seiner ‘Einschätzung der Hypothekarzinsen im August 2019’ schreibt.

Nationalbanken beginnen mit Leitzinssenkungen

Was Mario Draghi Ende Juli mit seinen Ausführungen implizit für September angekündigt hat, hat die Fed am 31. Juli mit einer Leitzinssenkung bereits umgesetzt. Das Fed reduzierte ihr Zinszielband um 0.25% auf neu 2- bis 2.25%. Die bereits seit längerem angedeutete und von den Marktteilnehmern erwartete Kehrtwende hin zu einer expansiven Geldpolitik ist in den USA daher vollzogen. Von einer Senkung in höherem Ausmass, wie US-Präsident Donald Trump es gefordert hatte, sahen die US-Notenbanker allerdings (vorerst) ab.

Kreditabsicherungskosten (Swap) sind erneut gesunken

Die Ankündigung einer Leitzinssenkung durch die EZB und die Zins-Senkung durch die Fed wurden von den Marktteilnehmern zum Teil bereits in den Kapitalmarktzinsen antizipiert, wie MoneyPark schreibt. Vor allem die langfristigen Swap-Sätze seien im Juli nochmals stark gesunken. Der zehnjährige Swap-Satz reduzierte sich um weitere zehn Basispunkte und lag per Ende Juli bei -0.35%. Der 15-jährige Swap-Satz rutschte sogar das erste Mal seit knapp drei Jahren in den negativen Bereich. Aber auch die kurzfristigeren Laufzeiten verloren an Terrain: Der fünfjährige Swap liegt im Monatsvergleich zehn Basispunkte tiefer bei -0.73%, der zweijährige Swap bei -0.84% (- 5 Basispunkte).

Richtsätze sinken weiter

Die Richtsätze, d.h. die durchschnittlich publizierten Sätze von über 100 Banken, Versicherungen und Pensionskassen, sind gegenüber den Swap-Sätzen im Juli leicht weniger gesunken. Trotzdem erreichten sie neue Tiefstwerte: Der zehnjährige Richtsatz lag letzten Monat bereits bei tiefen 1.18%, sank im Juli jedoch um weitere fünf Basispunkte. Auch die kurzfristigen Richtsätze sind gegenüber dem Vormonat gesunken.

Margen und Bandbreiten dehnen sich weiter aus

«Die Finanzierungspartner haben im Juli ihre Hypothekarmarge leicht ausgedehnt, da sie nicht den ganzen Rückgang der Swap-Sätze an die Kunden weitergegeben haben», so MoneyPark. Die Differenz zwischen dem Richtsatz und dem durch MoneyPark nachverhandelten Top-Satz habe sich bei den längeren Laufzeiten einige wenige Basispunkte verengt, während der günstigste Anbieter bei der zweijährigen Festhypothek überdurchschnittlich günstiger geworden sei.

Eine zehnjährige Festhypothek mit guter Bonität kann aktuell bei MoneyPark zu einem Top-Satz von 0.68% abgeschlossen werden, ganze 0.45% pro Jahr tiefer als bei einem Hypothekarabschluss zum Richtsatz.

EZB dürfte die Zinsen im September senken

Indirekt hat die EZB eine Zinssenkung angekündigt, als Mario Draghi mitteilte, den Leitzins noch länger auf aktuellem Niveau «oder tiefer» zu halten. Die jüngsten Inflationsraten der EU sowie die Reduktion des Leitzinses durch die Fed setzen die EZB nun noch mehr unter Druck, nebst anderen geldpolitischen Massnahmen auch eine Leitzinssenkung ernsthaft in Betracht zu ziehen. Experten sind sich einig, dass die EZB im September die Zinsen senken wird. 

SNB wird auf Zinssenkungen reagieren müssen

Dies wiederum wird auch die SNB nicht einfach ignorieren können, ist MoneyPark überzeugt. Tatsächlich hat sich der Franken gegenüber dem Euro weiter aufgewertet und im Juli sogar kurzzeitig die psychologisch wichtige Marke von 1.10 Franken pro Euro unterschritten. «Sollte die EZB ihren Leitzins senken, dürften weitere Interventionen der SNB am Devisenmarkt zur Schwächung des Schweizer Frankens unumgänglich sein», wie MoneyPark betont. Bereits letzte Woche habe die SNB mutmasslich interveniert, wie die als Indikator für Interventionen geltende Zunahme der Sichtguthaben von Banken zeige. «Aber nicht nur der Druck auf den Schweizer Franken erhöht sich im Falle einer Leitzinssenkung durch die EZB: Die verkleinerte Zinsdifferenz zwischen dem Euro und dem Schweizer Franken könnte die SNB dazu bringen, ihrerseits den bereits tiefen Leitzins von -0.75% um einen weiteren Viertel zu senken», wie MoneyPark spekuliert.

Hypothekarzinsen dürften noch mehrere Jahre tief bleiben

Eine allfällige Leitzinssenkung hätte jedoch nur noch bedingt Einfluss auf die Hypothekarzinsen, weiss MoneyPark. Zum einen seien gewisse Erwartungen der Marktteilnehmer bereits in den heutigen Swap-Sätzen antizipiert. Zum anderen seien weitere Abwärtstendenzen nur noch beschränkt möglich. Die kurzfristigen Hypothekarzinsen dürften aufgrund des Margenschwunds bei den Banken bald ihren Boden erreicht haben. Langfristige Hypothekarzinsen weisen weiteres, zumindest kurzfristiges, Senkungspotential auf, wie MoneyPark erklärt. Der Hypothekenvermittler geht aber auch in einem Extremszenario nicht davon aus, dass die Hypothekarzinsen für Privatpersonen unter einen Mindestzins von rund 0.30% fallen würden.

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