Sie befinden sich hier: Startseite » Aktuelle Themen » Artikel

Die Mietpreise in der Schweiz dürften weiter sinken

Donnerstag, 18.01.2018

Die Leerstandsquote bei Mietwohnungen dürfte 2019 ein neues Allzeithoch erreichen. Die Angebotsmieten könnten bis 2020 um bis zu 10% abrutschen, sagen Experten. Der Eigenheimmarkt wird indes von den tiefen Hypothekarzinsen gestützt.

Der Konkurrenzkampf auf dem Mietwohnungsmarkt verschärft sich gemäss «UBS Real Estate Focus 2018» weiter. Da die Leerstandsquote bei Mietwohnungen 2019 mit prognostizierten 3% ein neues Allzeithoch erreichen dürfte, sollte sich der Rückgang der Angebotsmieten beschleunigen, sagt Claudio Saputelli, Leiter Global Real Estate, UBS Chief Investment Office WM. Der gesamtschweizerische Angebotsmietindex liegt zurzeit erst knapp 3% unter dem Höchststand von Mitte 2015. Um Verluste zu vermeiden, würden Vermieter mit Mietzinssenkungen zögern. Stattdessen versuchten sie, Mieter mittels Anreizen wie Einkaufsgutscheinen oder Gratismonaten anzulocken. Saputelli sieht darin jedoch das Risiko der negativen Auslese, denn je kürzer die geplante Mietdauer ist, desto stärker fallen solche Angebote ins Gewicht.

Angebotsmieten werden sich dem Bestand angleichen

Die Bestandsmieten werden in den nächsten Jahren wohl kaum korrigieren, weil sie im historischen Vergleich nicht überhöht sind, weiss Saputellli. Am Markt würden jedoch noch durchschnittlich rund 20% höhere Mieten verlangt als im Bestand. In Perioden mit ähnlich stark steigenden Leerständen wie heute (etwa anfangs der 1970er oder 1990er Jahre) sei diese Differenz typischerweise erodiert. Ohne deutliche Trendwende bei der Bautätigkeit oder einer neuen Einwanderungswelle dürften die Angebotsmieten bis 2020 um bis zu 10% abrutschen, prognostiziert Saputelli. Vor diesem Hintergrund und der Erwartung leicht steigender Zinsen im Jahr 2018 dürften die Preise bei Wohnrenditeliegenschaften den Höhepunkt überschritten haben, folgert er.

Eigenheimpreise bleiben stabil

Anders am Eigenheimmarkt: Die tiefen Hypothekarzinsen bilden gemäss Saputelli die Hauptstütze des Marktes. Mit dem Kauf eines Eigenheims lassen sich zurzeit Einsparungen gegenüber der Miete einer gleichwertigen Wohnung erzielen, die (bei 80-prozentiger Belehnung) einer Eigenkapitalrendite von gut 4% entsprechen, wie er erklärt. Eine vergleichbare Konstellation hat es seines Wissens zumindest im aktuellen Immobilienzyklus noch nicht gegeben.

Die absolute Höhe der Kaufpreise limitiere jedoch weiterhin die Finanzierbarkeit, räumt Saputelli ein, so dass kleine Wohnungen gefragt und die relative Zahlungsbereitschaft für Objekte geringerer Qualität hoch blieben. Saputelli erwartet somit einen weiteren leichten Preisanstieg bei Einfamilienhäusern (+0.5%) und eine Stagnation bei Eigentumswohnungen. Letztere sind aufgrund sinkender Mietpreise einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt.

Geschäftsflächen korrigieren weiter nach unten

Die Zahlungsbereitschaft der Investoren für Büroliegenschaften an Spitzenlagen ist seit Anfang 2016 gesunken: Während die Preise für Wohnliegenschaften seither 10% zugelegt haben, sind jene für Büroliegenschaften rund 10% zurückgegangen, erklärt Saputelli weiter. Leerstehende Büroliegenschaften würden angesichts der teils langwierigen Flächenvermarktung weiterhin mit substanziellen Abschlägen gehandelt. Der Angebotsüberhang habe sich jedoch stabilisiert und dürfte sich im laufenden Jahr etwas verkleinern.

Der Wettbewerbsdruck bleibt wegen der anhaltenden Projektierung von Grossüberbauungen jedoch bestehen. Die Erneuerung auslaufender Mietverträge ist laut Saputelli damit weiterhin mit Mieteinbussen verbunden. (Weitere) Wertkorrekturen dürften sich angesichts der mieterfreundlichen Marktlage in vielen Liegenschaftsportfolios daher nicht vermeiden lassen.

Wetten auf neue Mobilitätsformen sind riskant

Die Erreichbarkeit innerhalb der Schweiz hat sich dank Verkehrsinfrastrukturprojekten in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert, wie Saputelli weiter ausführt. Dies habe regional am Immobilienmarkt zu Aufwertungen geführt. Mit der zunehmenden Verkehrsüberlastung in und um die Grosszentren zeichne sich aber eine Trendumkehr ab. Neue Mobilitätsformen wie selbstfahrende Autos, die den Immobilienmarkt revolutionieren könnten, sollten Gegensteuer bringen. Falls vollautonomes Fahren auf dem normalen Strassennetz überhaupt in nicht allzu ferner Zukunft Realität werde, würde ein Grossteil möglicher Effizienzgewinne jedoch durch Mehrverkehr wieder zunichtegemacht.

Das durchschnittliche tägliche Reisezeitbudget sei zudem über Jahrzehnte hinweg konstant geblieben. Regionen ausserhalb dieses Reisezeitbudgets würden damit aufgrund neuer Mobilitätsformen nicht aufwerten, so dass sich das Immobilienpreisgefüge zwischen Stadt und Land kaum markant verändern dürfte. Den Immobilienpark bereits heute auf vollautonome Fahrzeuge auszurichten, ist für Saputelli eine riskante Wette.

Anzeige
 
Twitterdel.icio.usgoogle.comLinkaARENAlive.comMister Wong
Copyright © 2011-2024 vorsorgeexperten.ch. Alle Rechte vorbehalten.