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«Die Renten künftiger Generationen sinken markant»

Mittwoch, 09.10.2019

Die Rentenbezüge aus der ersten und zweiten Säule sind, verglichen zum letzten Einkommen, seit 2010 deutlich gesunken. Hohe Einkommen sind besonders betroffen. Die Forderung nach einer Erhöhung des Rentenalters wird deshalb immer lauter.

Der Generationenvergleich der Credit Suisse Ökonomen (Pensionskassenstudie 2019) zeigt, dass die Rentenbezüge aus der ersten und zweiten Säule im Verhältnis zum letzten Einkommen von geschätzten 57% im Jahr 2010 auf 46% im Jahr 2025 gesunken sind – bei hohen Einkommen sogar von 51% auf 37%. Ohne eine Erhöhung des Rentenalters bleibt eine langfristige Sicherstellung der beruflichen Vorsorge schwierig, sagen die Ökonomen. Sie raten zukünftigen Rentnern, auch privat fürs Alter vorzusorgen.

Risikofähigkeit der Kassen sinkt

Für die Pensionskassen wird es aufgrund des demografischen Wandels und immer mehr Rentnern bzw. Leistungsverpflichtungen hingegen schwieriger, die Gelder noch langfristig und gewinnbringend anzulegen. Ihre Risikofähigkeit sinkt. Mit der bevorstehenden Pensionierung der Babyboomer wird zudem die heutige Umverteilung noch akzentuiert.

Heutige Rentner profitieren von zu hohen Umwandlungssätzen

Heutige Rentner profitierten von den hohen Renditen der vergangenen Jahrzehnte und – aus versicherungstechnischer Sicht – von zu hohen Umwandlungssätzen. Die derzeit tiefen Zinsen bremsen hingegen den Vermögensaufbau der Erwerbstätigen. Zudem werden deren Altersguthaben seit Jahren geringer verzinst als jene der Rentner, denn nur so können die überhöhten Rentenversprechen an die Rentner finanziert werden. Immerhin sinken die Umwandlungssätze inzwischen auf breiter Front.

Rentensituation verschlechtert sich in Zukunft deutlich

Die Ökonomen der Credit Suisse zeigen, unter Berücksichtigung von oft vernachlässigten Faktoren wie Lohn-, Zins- und Inflationsentwicklung, wie sich die Rentensituation im Vergleich über vier Generationen von Erwerbstätigen hinweg präsentiert: Ohne Gegenmassnahmen verschlechtert sich die Rentensituation in Zukunft deutlich.

Die Ersatzquoten, d.h. die Rentenbezüge aus der ersten und zweiten Säule im Verhältnis zum letzten Einkommen, sinken für Personen im mittleren Einkommenssegment von geschätzten 57% im Jahr 2010 auf rund 46% im Jahr 2025. Im tieferen Einkommenssegment sinken die Ersatzquoten ohne Gegenmassnahmen um 5- bis 8 Prozentpunkte, weil hier die Renten aus der zweiten Säule im Vergleich zur AHV einen geringeren Anteil ausmachen und der Mindestumwandlungssatz stabilisierend wirkt. Bei den höheren Einkommen machen die Renten der beruflichen Vorsorge hingegen den Grossteil des Einkommens im Alter aus. Entsprechend markant gehen darum auch die Ersatzquoten von 51% bei Pensionierung im Jahre 2010 auf 37% im Jahr 2025 zurück. Für die im Jahr 2061 Pensionierten ergibt sich eine noch leicht geringere Ersatzquote.

Anpassungen der Renten an die Preisentwicklungen sind eher selten

Auch kaufkraftbereinigt dürften die Renten für künftige Generationen deutlich tiefer ausfallen: Unter Annahme einer auch in Zukunft sehr geringen Inflation von rund 0.5% sinken sie bei den mittleren und höheren Einkommen gegenüber den 2010 pensionierten Versicherten um 15% bis 29%. Bei den Renten aus der beruflichen Vorsorge liegt es im Ermessen der Pensionskasse, abhängig von den finanziellen Möglichkeiten einen Teuerungsausgleich zu sprechen – Anpassungen an die Preisentwicklungen waren in Vergangenheit aber eher selten.

Kaufkraftverlust dürfte noch zunehmen

Für heutige Rentner ist dies aktuell nicht so folgenreich, da die Inflation seit Jahren tief ist. Während heutige Rentner von einer abnehmenden Teuerung profitierten, droht künftigen Generationen bei einem ungünstigen Szenario nicht nur wie vorhin aufgezeigt eine im Generationenvergleich bereits tiefere Rente, sondern noch zusätzlich ein höherer Kaufkraftverlust.

System der Altersvorsorge muss dringend reformiert werden

Zum Erhalt des Leistungsniveaus muss das System der Altersvorsorge dringend reformiert und dessen Nachhaltigkeit langfristig gesichert werden, fordern die Ökonomen der Credit Suisse. Die aktuellen Reformvorschläge zur zweiten Säule zielten einerseits auf die überfällige Reduktion des Mindestumwandlungssatzes ab. Andererseits käme es zu einem leichten Anstieg der Altersbeiträge über eine Erhöhung der Beitragssätze beziehungsweise eine Reduktion des Koordinationsabzugs. Die Ökonomen zeigen in ihrer Analyse der einzelnen Kompensationsmassnahmen, dass zur langfristigen Sicherung der beruflichen Vorsorge auch beim Rentenalter angesetzt werden muss. Dadurch würde auch die Umverteilung von Jung zu Alt reduziert und der Generationenvertrag gestärkt.

Rentenalter muss erhöht werden

Die so zentrale Stellschraube Rentenalter bleibe bislang aber auch in der zweiten Säule unangetastet, während zahlreiche europäische Länder, die mit ähnlichen demografischen Herausforderungen konfrontiert seien, das Rentenalter anheben oder eine automatische Anpassung an die Entwicklung der Lebenserwartung beschlossen hätten.

Verschiedene Massnahmen helfen, die Rente im Alter aufzubessern

Zukünftigen Rentnern stehen laut den Ökonomen aber bereits heute verschiedene Massnahmen zur Verfügung, um ihren Ruhestand zu sichern. Je nach Arbeitgeber könnten freiwillig höhere Sparbeiträge geleistet und über das Rentenalter hinaus gearbeitet werden. Die private Vorsorge zur Sicherstellung des gewohnten Lebensstandards im Alter werde zudem weiter an Bedeutung gewinnen – nicht lediglich zur Abdeckung zusätzlicher individueller Bedürfnisse.

Säule 3a und 1e-Vorsorgepläne eignen sich zur privaten Vorsorge besonders gut

Regelmässige maximale Einzahlungen in die Säule 3a hätten auch im Vergleich zu vorher genannten Massnahmen einen grossen Effekt, zumal die zusätzlichen Sparanstrengungen bedeutend seien. Je nach Risikoprofil könnten durch die Nutzung von Wertschriftenlösungen die Renditechancen in der Säule 3a und gegebenenfalls in 1e-Vorsorgeplänen gesteigert werden. Denn Renditedifferenzen beeinflussten den Vermögensaufbau entscheidend, so die Ökonomen. Hier seien aber auch die Pensionskassen gefordert, mit der Festlegung ihrer Anlagestrategie die Renditemöglichkeiten an den Kapitalmärkten bestmöglich auszunutzen.

Anteil der Personen im Rentenalter steigt bis 2045 auf 38% an

Obwohl Pensionskassen aufgrund der demografischen Entwicklung schon seit längerem begonnen haben, ihre umhüllenden Umwandlungssätze zu senken, werden per Ende 2018 laut der Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge (OAK) noch immer schätzungsweise 5 Milliarden Franken von den aktiven Versicherten zu den Rentnern umverteilt. Finde nicht bald auch eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes von derzeit 6.8% statt, akzentuiere sich die Umverteilung von den Rentnern im Überobligatorium zu jenen in der obligatorischen beruflichen Vorsorge in den kommenden Jahren ebenfalls, warnen die Ökonomen. Denn die Generation der Babyboomer lasse bis 2045 den Anteil der Personen im Rentenalter, im Verhältnis zur Bevölkerung älter als 24 Jahre, von rund 25% auf 38% ansteigen. 

Die Renditen fallen und die Risikofähigkeit der Kassen nimmt ab 

Auch von Seiten der Kapitalmärkte könnten Pensionskassen voraussichtlich keine Hilfe erwarten, so die Ökonomen weiter. Während vor der Jahrtausendwende die Vorsorgevermögen auf rund 46% Renditebeiträge zählen konnten (bei 54% Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen), waren es danach noch rund 26% (bis Ende 2017). Inskünftig seien es aber vor allem die Nominalwerte, die Sorgen bereiteten: Per Mitte August 2019 habe die Verfallsrendite der 10-jährigen CHF-Staatsanleihe bei unter -1% p.a. gelegen. Aufgrund der laufend sinkenden Zinsen lägen die erzielten Obligationenrenditen bis heute zwar noch deutlich höher als die aktuellen Verfallsrenditen. Sinkende Nominalwert-Renditen seien damit aber nur aufgeschoben und kämen im Fall eines stabilisierenden Zinsumfeldes zu tragen.

Anteil des Vorsorgekapitals der Rentner erhöht sich

Seit längerem verändere sich deshalb die Asset Allokation vieler Vorsorgeeinrichtungen, weg von Obligationen, hin zu Aktien und Immobilienanlagen, weiss die Credit Suisse. Diese Entwicklung könne zukünftig aber aufgrund einer sinkenden Risikofähigkeit gebremst werden. Denn infolge der Babyboomer werde sich der Anteil des Vorsorgekapitals der Rentner im Verhältnis zu jenem der aktiven Versicherten erhöhen: Heute mache dieser Anteil rund 45% aus, im Jahr 2045 seien es gemäss den Projektionen der Pensionskassenspezialisten der Credit Suisse bereits 57%. Da Vermögenswerte junger Versicherter langfristiger angelegt werden könnten als jene der älteren, senke sich in der Tendenz der Anlagehorizont für Pensionskassen.

Netto-Cashflows im Pensionskassenmarkt Schweiz werden sinken

Eine «Alterung des Vorsorgekapitals» mindere zudem auch die Geldflüsse: Über die nächsten gut 25 Jahre erwarten die Ökonomen der Credit Suisse allein aufgrund der demografischen Veränderung, dass die Netto-Cashflows im Pensionskassenmarkt Schweiz um rund 20 Milliarden Franken sinken und leicht negativ werden. Als Folge davon könne sich für diverse Pensionskassen der Liquiditätsbedarf erhöhen, was sich ebenfalls negativ auf das Anlageverhalten auswirke. Aufgrund der demografischen Entwicklung sollten Pensionskassen deshalb bei der zukünftigen Suche nach Rendite vermehrt ihre Risikofähigkeit im Auge behalten, raten die Ökonomen der Credit Suisse.

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