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«Ein heute 22-Jähriger erhält bei Pensionierung aus AHV und BVG noch 45% des letzten Einkommens»

Montag, 11.01.2021

Die demografische Entwicklung, ungenügende Kapitalmarktrenditen und steuerliche Fehlanreize bringen das schweizerische Vorsorgesystem in Schieflage. Die Erhöhung der Rentenalter ist ein Muss, fordern Experten.

Die schweizerische Altersvorsorge ist ins Mittelfeld abgerutscht. In der Rangliste des Beratungsunternehmens Mercer ist die Schweiz in diesem Jahr von Platz acht auf Platz elf abgerutscht – dies beim internationalen Vergleich der Vorsorgesysteme von 34 Ländern. Die Niederlande, Dänemark und Finnland sind die Spitzenreiter, am Ende der Tabelle der wichtigsten Länder liegen die USA und Japan. Allgemein schneiden die skandinavischen Länder gut ab, weil sie im Einklang mit dem steigenden Lebensalter das Pensionierungsalter angehoben haben. Das Schweizer Drei-Säulen-System, das lange als weltweites Vorzeigemodell galt, und 2015 noch den vierten Platz belegte, hat deutlich an Boden verloren, warnen Experten des Versicherungsvermittlers Maklerzentrum Schweiz.

Ursprüngliche Ziele der Altersvorsorge können nicht mehr erreicht werden

«Das Schweizer Vorsorgesystem hat unbestrittene Stärken. Die ursprünglichen Ziele der drei Säulen können aber nicht mehr erreicht werden», beklagen die Versicherungsmakler. Die AHV solle die Existenz sichern, die berufliche Vorsorge (BVG) die Fortsetzung des gewohnten Lebensstandards gewährleisten, und die 3. Säule die Mittel für zusätzliche Bedürfnisse bereitstellen. «Die AHV ist heute jedoch quasi ein Dauersanierungsfall, in der 2. Säule ist bald nur noch der Staat bereit, Pläne mit Leistungsprimat beizubehalten, und als Resultat wird die 3. Säule der Bevölkerung zwecks Deckung von Versorgungslücken immer mehr ans Herz gelegt», so die Makler.

Künftige Monatsrenten sind zu tief

Im internationalen Vergleich steckt in der beruflichen Vorsorge in der Schweiz im Verhältnis zur Wirtschaftsleitung des Landes viel Kapital. «In Bezug auf die Rentenversprechen liegt hingegen Einiges im Argen», so die Makler weiter. Der Anspruch auf künftige Monatsrenten aus der Pensionskasse sinke wegen der notwendigen Herabsetzung der Umwandlungssätze. Das betreffe vor allem jüngere Versicherte. Gemäss Berechnungen der OECD werde eine heute 22-jährige Person bei Pensionierung aus AHV und BVG nur noch 45% des letzten Erwerbseinkommens erhalten – statt der erwünschten 60%, führen die Makler an. Die Umverteilung von jung zu alt habe ein grenzwertiges Ausmass angenommen.

Kapitalmarkt als ‘dritter Beitragszahler’ liefert nicht mehr die erforderlichen Beiträge

Die demografische Entwicklung gekoppelt mit einer längeren Lebenserwartung, flexiblere Arbeits- und Lebensformen, grosse Restrukturierungen mit Frühpensionierungen sowie die Tatsache, dass die Einkommen nicht mehr automatisch von Jahr zu Jahr steigen, würden den Vorsorgeeinrichtungen und Pensionsfonds arg zusetzen, warnen die Makler. Die Finanzrepression als Folge der internationalen Finanzkrise – sprich die Geldschwemme der Notenbanken – habe zu rekordtiefen Zinsen geführt. Pensionskassen, die aufgrund regulatorischer Vorschriften einen hohen Anteil an festverzinslichen Anlagen halten müssten, litten besonders stark unter den schwindenden Renditen. «Der Kapitalmarkt als ‘dritter Beitragszahler’ liefert also nicht mehr die erforderlichen Beiträge, und weil die Umwandlungssätze aus politischen Gründen viel zu lange nicht gesenkt wurden, ist manche Pensionskasse in Schieflage geraten», so das Fazit der Makler.

Politische Akteure verschliessen vor der Realität die Augen

Noch immer würden viele politische Akteure die Augen vor der Realität verschliessen. Angedachte Konsensreformen gingen zu wenig weit, seien zu komplex oder intransparent, kritisieren die Makler. Dass der Bundesrat jüngst den BVG-Mindestzinssatz für das Jahr 2021 auf 1% beibehalten habe, gehe in die gleiche Richtung. Pensionskassenverbände und Arbeitgeber hätten auf eine Senkung gehofft.

Kapitalbezüge müssen eingeschränkt werden

Wie sehen mögliche Lösungsansätze aus? Als erstes muss das Rentenalter schrittweise erhöht werden, keine Massnahme könne darum herumführen, sagen die Makler. Weiter seien Umwandlungssätze und Mindestverzinsung in der beruflichen Vorsorge zu senken. Auch die steuerlichen Anreize für das Sparen in der 3. Säule müssten verstärkt werden, denn der heute erlaubte Abzug von 6’883 Franken reiche nicht aus, um die Lücken bei Invalidität und Todesfall sowie im Alter zu schliessen.

Ebenfalls zu überdenken sei das Thema Wohneigentumsförderung (WEF). Die so beliebten WEF-Vorbezüge müssten eingeschränkt werden, zum Beispiel auf das Überobligatorium oder auf 25% des Vorsorgekapitals. Diese Kapitalbezüge würden den Strom der lebenslangen Altersrenten mindern und somit die finanzielle Sicherheit der Betroffenen.

Bei Aufnahme einer selbstständigen Geschäftstätigkeit solle das Kapital ebenfalls nicht bezogen werden dürfen. Dass der Einmalbezug des Vorsorgevermögens bei Pensionierung zu einem geringeren Satz besteuert werde als die Renten, sei ein steuerlicher Fehlanreiz, der zu beheben sei.

Beiträge sollten Erhöht werden

Hingegen könnten die Beiträge für Erwerbstätige ohne Kinder im Sinne der Solidarität erhöht werden, auch eine Finanzierung durch höhere Mehrwertsteuersätze sei möglich. Und zu guter Letzt solle den Pensionskassen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Renditen, die zurzeit häufig deutlich unter den Sollrenditen lägen, durch mehr Flexibilität in der Vermögensallokation eigenständig zu verbessern.

Über die Maklerzentrum Schweiz AG

Die Maklerzentrum Schweiz AG ist mit ihrem Vermittlernetz eine Anbieterin von Versicherungslösungen im Privatkundenbereich. Die eigentümergeführte Gesellschaft wurde Anfang 2006 mit Sitz in Basel gegründet und betreut als Hauptvermittlerin über 500 kleine und grosse Vermittlungsorganisationen. Über 150’000 Personen zählen inzwischen zum festen Kundenbestand. Sie bietet zudem zusammen mit Kooperationspartnern zahlreiche Ausbildungslehrgänge im Versicherungs- und Finanzbereich an.

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