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«Für Gutverdienende sind 1e-Pläne durchaus sinnvoll»

Freitag, 04.01.2019

Zwei Drittel der BVG-Erträge werden heute von den Erwerbstätigen an die Pensionäre umverteilt. Das ist systemwidrig. Gutverdienende können sich davor schützen, raten Experten. Sie sagen wie und worauf es ankommt.

Allein 2015 wurden in der zweiten Säule über 5 Milliarden Franken von den Aktiven zu den Rentnern umverteilt, wie eine Mitte Jahr von der Credit Suisse publizierte Studie belegt. Besserverdienende könnten sich davor schützen, proklamieren Finanzberater. BVG-Versicherte, die mehr als 126'900 Franken Lohn beziehen, können den überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge mittels 1e-Vorsorgeplänen und somit anhand einer persönlich ausgewählten Anlagestrategie regeln. Damit kompensieren sie die Umverteilung ein Stück weit. Denn alle Zahlungen in einen 1e-Vorsorgeplan gehören nach der Pensionierung dem Versicherten – unabhängig davon, ob die Mindestverzinsung der Altersguthaben sinkt oder der Umwandlungssatz im Obligatorium reduziert wird.

Kaderleute können sich der Umverteilung entziehen

Ein Befürworter von 1e-Lösungen ist Reto Spring, Präsident des Finanzplaner Verbandes Schweiz (FPVS). Er empfindet das System heute als unsolidarisch, wie er gegenüber der «Handelszeitung» äussert. Die Umverteilung in der beruflichen Vorsorge sei so nie vorgesehen gewesen, sei sogar systemwidrig, wie er betont.

1e-Lösungen sind nun auch für Pensionskassen attraktiv

Er begrüsst das Zusatzangebot durch 1e. Den aktuellen «Hype» kann er allerdings nicht nachvollziehen, wie er sagt. Es sei den Pensionskassen bereits seit 2006 möglich, entsprechende Pläne anzubieten. Damals sei mit dem Paragraphen 1e die Wahl verschiedener Anlagestrategien im BVG ermöglicht worden. Doch die Pensionskassen seien mit der Einführung zurückhaltend gewesen, da sie den Versicherten bis Oktober 2017 keine Verluste hätten verrechnen dürfen. Nun aber sei dies (dank gesetzlicher Anpassungen) möglich geworden, was 1e-Pläne auch für Pensionskassen attraktiv mache. Mittels 1e könne das Risiko der Langlebigkeit von Kaderleuten beim Rentenbezug aus der Bilanz getilgt werden.

Nachfrage nach 1e-Lösungen bei KMU steigt

Aktuell seien allerding nur 0.4% des gesamten schweizerischen Vorsorgevermögens in 1e-Pläne investiert, weiss Spring. Der Umfang der so verwalteten Vermögen ist mit 3,5 Milliarden Franken also noch sehr bescheiden, denn 1e-Pläne stehen ab einem Bruttoeinkommen von mehr als 126'900 Franken nur rund jedem zehnten Arbeitnehmer in der Schweiz offen.

Laut Markus Stierli, Leiter Vorsorgelösungen bei der Credit Suisse, steigt die Nachfrage jedoch spürbar. Grossunternehmen würden zwar nur vereinzelt darauf setzen; Stierli geht jedoch von einer Übergangszeit aus. Die Banken würden darin grosses Wachstumspotenzial sehen. Die Rede ist von rund 50 Milliarden Franken. Und bei den KMU steige die Nachfrage deutlich.

1e-Lösungen haben gewisse Restriktionen

Grundsätzlich können alle Lohnbestandteile über 126’900 Franken in 1e-Pläne einbezahlt werden. Je nach Pensionskasse stehen zehn Anlagestrategien mit wenig bis viel Risiko zur Auswahl. Anders als im Obligatorium und im Überobligatorium zahlt der Arbeitgeber keinen Beitrag an 1e-Lösungen. Der Versicherte muss die Zahlungen selbst erbringen. Er kann die 1e-Gelder zudem nicht als Rente sondern nur als Kapital beziehen. Laut Stierli lohnt es sich aber schon ab einem Bruttolohn von 126’900 Franken in einen 1e-Plan zu investieren. Umso mehr, als der Versicherte damit Einfluss auf die Anlagestrategie seines Kapitals nehmen könne, wie er meint.

1e-Lösungen bieten gewisse Vorteile

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist für Stierli das Einkaufspotenzial des Versicherten. Über ihre Einkäufe könnten Versicherte über 1e-Kapital verfügen, wie sie wollten. Sie könnten sich auch in eine normale Pensionskasse einkaufen; dort müssten sie dann aber der bestehenden Strategie folgen, so Stierli. Er habe gesehen, wie Mitarbeiter mit Löhnen knapp über der 1e-Grenze durchaus gewichtige Einkäufe getätigt hätten. Damit werde ein 1e-Plan interessant.

Das Problem sei, dass viele Pensionskassen den Versicherten erst ab einer bestimmten Einkommenshöhe überhaupt einen 1e-Plan anbieten würden. Dabei liege die Einkommenshöhe oftmals deutlich über 140’000 Franken.

Ein Jobwechsel kann Hürden bergen

Wer den Arbeitgeber bzw. die Pensionskasse wechselt, kann mit 1e-Plänen unter Umständen Problemen begegnen. Der 1e-Plan muss bei einem Stellenwechsel aufgelöst und beim neuen Arbeitgeber erneut abgeschlossen werden. Oftmals unterscheiden sich aber die Angebote der Anbieter. Zudem fallen durch den Verkauf und Kauf von Wertpapieren Kosten an.

Laut Stierli besteht hier noch Handlungsbedarf. Für ihn wäre eine gewisse Portabilität, ähnlich den 401(k)-Plänen in den USA, wünschenswert. Er propagiert etwa, dass das Geld in der vorherigen Pensionskasse belassen werden kann, um den Anlagehorizont nicht zu brechen. Besser wäre es, wenn die 1e-Pläne von einer unabhängigen Instanz verwaltet würden – ähnlich wie bei der dritten Säule, so Stierli. Das sei grundsätzlich zwar möglich, doch fehle ein entsprechendes Angebot noch.

Auch Spring sieht gewisse Probleme. Werde jemand frühzeitig entlassen, müsse er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein BVG-Guthaben auf ein Freizügigkeitskonto transferieren. Der ‘Topbanker’ mit sechzig Jahren, der bis dahin dynamisch in seinen 1e-Plan investiert habe, könne also nicht einfach den 1e-Plan weiterlaufen lassen und irgendwann später eine Kapitalauszahlung verlangen.

Auch ein Wechsel ins Ausland hat Folgen

Ein Wechsel des Arbeitnehmers ins Ausland hat Steuerfolgen. Spring erachtet dies teilweise als hochproblematisch. So könne beispielsweise ein Wechsel nach Deutschland sehr teuer werden, da 1e-Pläne in Deutschland nicht analog der BVG-Gelder eingeschätzt würden.

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