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Lediglich ein Drittel der Schweizer Privatbanken sind «Strong Performers»

Freitag, 24.08.2018

Obwohl sich die Lage zahlreicher Schweizer Privatbanken 2017 verbessert hat, sind die operativen Kosten gemessen an den Erträgen immer noch zu hoch. Viele Institute stehen weiterhin vor einer ungewissen Zukunft.

2017 war für Schweizer Privatbanken insgesamt ein gutes Jahr. Nach der Finanzkrise hatten strukturelle Veränderungen eine Reihe schwieriger Jahre zur Folge. Nun scheint sich das Blatt allmählich zum Besseren zu wenden. Negative Einmaleffekte in Form von Mittelabflüssen und Strafzahlungen dürften der Vergangenheit angehören. Zahlreiche Banken haben die aufsichtsrechtlichen Anforderungen wie FATCA oder den automatischen Informationsaustausch (AIA) zwischenzeitlich umgesetzt. Zur verbesserten Lage hat jedoch hauptsächlich die erfreuliche Entwicklung an den Finanzmärkten beigetragen. Der globale Aktien-Boom führte bei den verwalteten Vermögen zu einem Zuwachs von über 200 Milliarden Franken sowie zu höheren Erträgen aus dem Kommissionsgeschäft. Die Netto-Zinserträge stiegen ebenfalls, unter anderem dank des Zinsanstiegs in den USA und erhöhter Kreditvolumen. Dies geht aus der Studie «Clarity on Performance of Swiss Private Banks» von KPMG Schweiz hervor. Sie hat gemeinsam mit der Universität St. Gallen 90 in der Schweiz tätige Privatbanken auf ihre Rentabilität, ihr Wachstum sowie ihre Kosteneffizienz hin untersucht. 

Positive Entwicklung 2017 steht unter Vorbehalt

Schweizer Privatbanken erzielten 2017 mit 2,8 Milliarden Franken einen um 18.7% höheren Reingewinn als 2016. Gegenüber 2015 hat sich dieser gar verdoppelt. Dabei gelang es rund zwei Dritteln der in der Schweiz operierenden Privatbanken, ihre Eigenkapitalrendite im vergangenen Jahr zu verbessern. Das gesamte in der Branche eingesetzte Eigenkapital generierte somit eine angemessene Rendite von 7.1%, wobei man sich allerdings der Tatsache bewusst sein muss, dass hinter diesem Durchschnittswert eine ausgezeichnete Performance der grössten Privatbanken steht.

Nahezu die Hälfte der Banken hatte Netto-Neugeldabflüsse zu verzeichnen

2017 nahmen die von Schweizer Privatbanken insgesamt verwalteten Vermögen um 7.8% auf 2‘616 Milliarden Franken zu; im Vorjahr belief sich das Wachstum auf 5.1%. Weltweit legten die Aktienmärkte um über 20% zu, worauf sich 87.4% des hiesigen Wachstums der verwalteten Vermögen zurückführen lassen. Netto-Neugeldzuflüsse wurden von mehr als der Hälfte der Banken verzeichnet (54%). Anders ausgedrückt hatte nahezu die Hälfte der Banken Netto-Neugeldabflüsse zu verzeichnen. Dieses Ergebnis überrascht, da der grösste Teil der Abflüsse bei Kunden aus dem Nicht-Kerngeschäft eigentlich bereits hätte abfliessen sollen, sodass für 2017 stärkere Netto-Neugeldzuflüsse zu erwarten gewesen wären.

Schweizer Privatbanken verlieren stetig Marktanteile

Obschon Schweizer Privatbanken inzwischen wesentlich besser aufgestellt sind, als im Laufe der vergangenen zehn Jahre, verlieren sie stetig Marktanteile. Ausländische Finanzplätze weisen hingegen ein rasches Wachstum bei den verwalteten Vermögen aus. Der Netto-Neugeldzufluss für 2017 war mit 0.9% der verwalteten Vermögen nach wie vor enttäuschend gering. 

Eigenkapitalrendite ging 2017 weiter zurück

Die positive Stimmung an den Finanzmärkten sorgte bei zwei Dritteln der Privatbanken für einen Auftrieb bei den Eigenkapitalrenditen. 36 Banken bzw. 82% oberhalb des Medianwertes steigerten ihre Eigenkapitalrendite 2017 um durchschnittlich 1.8 Prozentpunkte. Bei der Hälfte der Banken unterhalb des Medianwertes stieg die Eigenkapitalrendite um durchschnittlich 0.8 Prozentpunkte. Obwohl die über dem Medianwert liegenden Geldinstitute ihre Eigenkapitalrendite zu steigern vermochten, ging der Medianwert der Eigenkapitalrendite letztes Jahr insgesamt von 4.5% auf 4.0% zurück.

Wachstum der Netto-Neugelder nahm 2017 leicht zu

Nach zwei Jahren Negativwachstum des Medianwertes der Netto-Neugelder aufgrund von Abflüssen aus Altlasten nahm das Wachstum der Netto-Neugelder 2017 um einen Prozentpunkt auf 0.8% zu. Grund für diese Trendwende war in erster Linie die 2016 erfolgte Umsetzung der ersten AIA-Welle mit entsprechend grossen Einmalabflüssen, die insbesondere in der EU ansässige Kunden betraf. Die Netto-Neugelder der Banken mit Abflüssen beliefen sich 2017 auf 36 Milliarden Franken – 2016 waren es 65 Milliarden Franken gewesen. Sieben Banken zogen vergangenes Jahr positive Netto-Neugelder von jeweils über 1 Milliarde Franken an, während zwölf Banken jeweils negative Netto-Neugelder von mehr als 1 Milliarde Franken auswiesen. Der Anteil der Banken mit höheren Netto-Neugeldern stieg 2017 auf 58%.

Zahl der Schweizer Privatbanken sank seit 2010 um 34%

Seit 2010 haben insgesamt 56 Schweizer Privatbanken ihre Pforten schliessen müssen. In den letzten 18 Monaten gaben sieben private Geldinstitute ihre Geschäftstätigkeit in der Schweiz auf, sodass Ende Juni 2018 insgesamt noch 107 Banken aktiv waren. Diese Entwicklung entspricht einem zumeist strukturell bedingten Rückgang um 34% seit 2010. Dies ist darauf zurückzuführen, dass konsolidierende Banken ihre Reichweite mittels Übernahmen auszubauen suchten. Die kleineren Banken ohne Skaleneffekte hatten am meisten zu leiden: ihre Anzahl ging im Beobachtungszeitraum um 45% zurück – fast die Hälfte musste die Segel streichen.

2017 begann mit lediglich drei Transaktionsankündigungen in den ersten sechs Monaten. Danach kam es zu einer deutlich höheren Dynamik. Mit insgesamt 16 Transaktionen im Berichtsjahr wurde für den gesamten Untersuchungszeitraum der Studie ein Rekord erzielt. Insbesondere die Transaktionen im Ausland erlebten einen Höhepunkt, da die Banken ihr Geschäftsportfolio aktiv bereinigen und/oder auf die strategischen Ziele anpassen konnten. Die verwalteten Vermögen aus Fusionen und Übernahmen beliefen sich 2017 auf 9 Milliarden Franken. Dies entspricht 10% des im Vorjahr ausgewiesenen Betrages von 90 Milliarden Franken.

Banken haben ihre Kosten nach wie vor nicht im Griff

Der Medianwert für die Bruttogewinnmarge stieg um 21.4%. Die gute Entwicklung der Finanzmärkte wirkte sich signifikant positiv auf die Erträge aus. Dieser Effekt schlug aber nicht in gleichem Ausmass auf die Bruttogewinnmarge durch, da bei zahlreichen Banken die Kosten weiter gestiegen sind.

Die operativen Kosten wuchsen aufgrund des Anstiegs der durchschnittlichen Vollzeitäquivalente nahezu gleich wie die operativen Erträge. Höhere Aufwendungen für IT und Kommunikation waren 2017 der Grund für die Steigerung des Betriebs- und Verwaltungsaufwands um 6.6%. Ein Grossteil dieser Aufwendungen ist auf umfangreiche Bankplattformprojekte zweier grösserer Banken zurückzuführen.

Der marktbedingte Ertragszuwachs hätte sich deutlicher in den Ergebnissen widerspiegeln sollen. Bei vielen Banken stiegen die operativen Kosten parallel zu den operativen Erträgen – ein beunruhigendes Indiz dafür, dass Kostenkontrollen vernachlässigt und Gelegenheiten zur Verbesserung der Aktionärsrenditen verpasst wurden. Ihre Probleme sind somit nur aufgeschoben und dürften bei Rückschlägen auf den Finanzmärkten umgehend auf diese zurückschlagen.

Institute müssten Chancen zur Verbesserung ihrer Profitabilität wahrnehmen

Obwohl das Verhältnis zwischen dem Aufwand einer Bank und ihrem durchschnittlichen verwalteten Vermögen 2017 erneut zurückging, wäre aufgrund der beträchtlich gestiegenen verwalteten Vermögen mit einem deutlicheren Rückgang zu rechnen gewesen. Der Rückgang der operativen Kostenmarge im Berichtsjahr geht in erster Linie auf das Basiswachstum der verwalteten Vermögen zurück. Bemühungen der Banken, die Kosten zu senken, spielten eine Nebenrolle. Die Institute hätten ein stringenteres Kostenmanagement betreiben und die Chancen zur Verbesserung ihrer Profitabilität wahrnehmen müssen, um sich in Zukunft besser gegen mögliche Marktschwankungen zu wappnen.

Die Personalkosten pro beschäftigter Person haben sich in den letzten Jahren kaum verändert; der Medianwert der Schweizer Privatbanken bewegt sich nach wie vor bei rund 230’000 Franken pro Mitarbeitenden. Im Tessin liegt dieser Wert mit 179‘000 Franken deutlich tiefer.

Noch zu viele Banken stehen vor einer ungewissen Zukunft

Die Hälfte der Schweizer Privatbanken hat noch einen langen Weg vor sich – und immer noch zu viele stehen vor einer ungewissen Zukunft. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass sich die Schweiz als Offshore-Finanzplatz heute in einer besseren Verfassung befindet als im Laufe der vergangenen zehn Jahre. Zwischenzeitlich hat sich eine Gruppe von sehr starken Privatbanken herauskristallisiert («Strong Performers»), die rund einen Drittel der Branche ausmacht.

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