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Wirtschaftsverbände sehen im Nein zur AHVplus-Initiative Chancen für die Vorsorgereform

Montag, 26.09.2016

Die Stimmbürger haben sich gegen eine generelle Erhöhung der AHV-Renten ausgesprochen. Eine weitere Belastung der AHV wird so verhindert. Der einseitige Ausbau der AHV hätte das Ziel der «Altersvorsorge 2020» zudem infrage gestellt.

Eine klare Mehrheit der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sowie der Stände hat die Volksinitiative «AHVplus: für eine starke AHV» abgelehnt. Die Initiative hätte das Finanzierungsloch in der AHV mit einem pauschalen AHV-Zuschlag von zehn Prozent für alle Rentnerinnen und Rentner erheblich vergrössert. Schon jetzt reichen die jährlichen Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden nicht mehr aus, um daraus die umlagefinanzierten Renten zu finanzieren. Der nahende Renteneintritt der Babyboomer-Generation wird das Finanzierungsproblem weiter verschärfen. Die Zeche dafür bezahlen die jungen Erwerbstätigen und die künftigen Generationen.

Arbeitgeberverband und Versicherungsverband begrüssen den Volksentscheid

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) begrüsst den Entscheid des Volkes. Es habe erkannt, dass angesichts der demografischen Entwicklung nicht ein Rentenausbau, sondern nur die langfristige Sicherung des gegenwärtigen Rentenniveaus der richtige Weg sein könne. Somit sei der Weg für den Nationalrat nun frei, die Reform der ersten und zweiten Säule, die «Altersvorsorge 2020», mit einem klaren Auftrag voranzutreiben. Mit dem Verdikt sei für den Dachverband ein Ausbau der AHV-Renten um monatlich 70 Franken, wie ihn der Ständerat noch vorgesehen habe, nun definitiv vom Tisch.

Auch der Schweizerische Versicherungsverband SVV spricht sich für eine rasche Behandlung der Reform «Altersvorsorge 2020» aus, die das Schweizer Vorsorgesystem ganzheitlich betrachte. Ziel der Vorsorgereform sei es, die erste und die zweite Säule unter Beibehaltung des heutigen Leistungsniveaus finanziell zu stabilisieren. Dies sei angesichts der steigenden Lebenserwartung, dem sich verschlechternden Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenbezügern und der sinkenden Anlagerenditen zwingend und dringend. Ein einseitiger Ausbau der AHV dagegen hätte dieses Ziel der Reform «Altersvorsorge 2020» infrage gestellt.

Gewerkschaften fordern Kompensation für die Umwandlungssatz-Senkung

Anders urteilt Travail.Suisse: Die Bevölkerung habe zwar Nein gesagt zu zehn Prozent höheren AHV-Renten. Ein beachtlicher Teil der Stimmbevölkerung habe aber auch zum Ausdruck gebracht, dass es eine Erhöhung der AHV-Renten brauche, um das Rentenniveau insgesamt zu halten. Und auch viele Stimmberechtigte, denen die Initiative zu weit gegangen sei, dürften sich zum heutigen Rentenniveau aus erster und zweiter Säule bekennen.

Travail.Suisse sieht darin ein klares Signal an den Nationalrat, der diese Woche die Reform der Altersvorsorge berät. Es liege nun an ihm, den Rentenkahlschlag, den seine Kommission vorschlage, zu verhindern. Die Reform werde nur zu retten sein, wenn das Versprechen "keine Rentenkürzungen" eingehalten werde. 

Als Kompensation zur Senkung des Mindestumwandlungssatzes brauche es deshalb einen pragmatischen Weg. Diese Kompensation könne über die erste oder die zweite Säule erfolgen. Für die betroffenen künftigen Rentner/innen sei die Säulendiskussion letztlich nicht zentral. Angesichts des gegenwärtigen Tiefzinsumfelds dürfte eine Kompensation über die AHV aber billiger und kosteneffizienter sein, argumentiert Travail.Suisse.

Volk akzeptiert Erhöhung des Rentenalters bei Rentenkürzungen kaum

Zudem spreche die Einfachheit ebenfalls für einen teilweisen Ausgleich über die AHV. Klar sei: So wie es die Sozialkommission des Nationalrats vorschlage, gehe es nicht. Rentenalter 67, Rentenkürzungen trotz Zusatzbeiträgen und dazu noch Kürzungen bei den Witwen- und Kinderrenten. Es sei zu hoffen, dass der Nationalrat als Volksvertretung die Signale aus der Bevölkerung zu deuten wisse und ein Scherbenhaufen verhindern könne.

Dazu brauche es eine solide Finanzierung der zwei Säulen, umfangreiche Kompensationsmassnahmen für die Senkung des Mindestumwandlungssatzes und für die Erhöhung des Frauenrentenalters, eine verbesserte Versicherung von Teilzeitarbeitenden und Tieflohnbezügern sowie ein stärkerer Schutz der versicherten Arbeitnehmenden vor überhöhtem Gewinnstreben in der beruflichen Vorsorge.

Für Travail.Suisse, den unabhängigen Dachverband der Arbeitnehmenden, ist klar: Eine Reform, die das Rentenniveau nicht für alle zu halten vermag oder das Rentenalter erhöht, wird bei der Stimmbevölkerung durchfallen.

AHV soll finanziell stabilisiert werden

Um die AHV langfristig vor finanziellen Schwierigkeiten zu bewahren, soll die grosse Kammer zudem an der Stabilisierungsregel seiner vorberatenden Kommission festhalten, schlagen die Arbeitgeber vor. Demnach könnten zwar Referenzalter und Mehrwertsteuer schrittweise erhöht werden. Dieses Sicherheitssystem komme jedoch erst ins Spiel, falls sich Bundesrat und Parlament auf keine wirksamen Massnahmen zur Sanierung der AHV einigten.

Solche Schritte würden frühestens ab dem Jahr 2033 notwendig werden, falls sich die finanzielle Situation der AHV wieder verschlechtere. In diesem Falle würde das Referenzalter für Pensionierungen erst im Jahr 2036 – also in 20 Jahren – bei rund 66 für Frau und Mann liegen, argumentieren die Arbeitgeber.

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